Erst dieses Jahr kam ja Black Myth: Wu Kong auf den Markt und sorgte für Aufruhr. Im Positiven, wie auch im Negativen.
Letzteres speziell wegen gewisser Vorgaben für Streamer*innen seitens der Entwickler. Speziell sei dabei feministische Propaganda erwähnt, wobei offen gelassen wurde, was konkret gemeint ist. Diese verbotenen Themen sorgten – zurecht – für Kritik. Aber diese Kritik weckte dann auch wieder Stimmen, welche ich in diesem Post speziell thematisieren möchte. Stimmen, die auch seinerzeit bei Hogwarts: Legacy laut wurden.
Stimmen, welche zu einem Boykott gegen das zum Feindbild erklärte Spiel bzw. die Entwickler*innen aufrufen. Warum diese Stimmen in meinen Augen auch problematisch sind, führe ich hier näher aus.
Grundsätzlich darf man natürlich problematische Entwickler*innen und Games kritisieren – muss man sogar. Und gewiss mag ein Boykott auch in vielen Fällen durchaus angebracht sein.
Aber: Es sollte jeder/jedem selbst überlassen bleiben, ob man dem Boykottaufruf nun folgen möchte, oder nicht. Und genau da kommt das Problem an der Sache. Denn gerade bei Hogwarts und Wu Kong gab und gibt es leider sehr offensive Aufrufe zum Boykott: Streamer*innen, die diese Games gestreamt haben oder streamen, wurden aktiv angefeindet. Es wurde gehatet und Aussagen getroffen wie „Streamer*innen, die Wu Kong spielen, verdienen keine Zuschauer“ bzw. „sollten gebannt werden“. Und DAS finde ich nicht angebracht.
Ich vertrete die Ansicht, dass jede*r es selbst wissen muss und darf, ob er/sie/they ein Spiel trotz Kontroversen spielen möchte, oder nicht. Kritik und Aufklärung dürfen erfolgen – aber zu dieser zählt für mich NICHT, der streamenden Person zu verbieten, es zu spielen, sondern eher, darüber aufzuklären und zu sagen „Schau mal, darum ist es kontrovers, möchtest du das wirklich spielen?“ – wenn dann aber ein „Ja, ich möchte es spielen“ als Antwort kommt, ist das zu akzeptieren.
Denn niemand hat das Recht oder die moralische Hoheit darüber, wer was zu boykottieren hat. Ich kann für mich selbst bestimmen, ein Produkt zu boykottieren – wie ich es etwa mit Apple-Produkten und Nestlé tue – aber nie für Dritte. Insbesondere nicht, da JEDE*R von uns mindestens Kontroverse Dinge nutzt.
Einer dieser Leute, die bei Wu Kong gegen Streamer schossen, spielte selbst im Stream Star Wars: Outlaws von Ubisoft. Ubisoft hat auch Dreck am Stecken und es gab auch bei Ubisoft massive Skandale mit Sexismus und Belästigung von weiblich gelesenen Angestellten. Somit hat die Person keinesfalls eine moralische Position, gegen Streamende zu schießen, die Wu Kong spielen.
Wie viele von euch nutzen Disney Plus? Tja, was rund um Disney an Kontroversen herrscht – inklusive Antisemitismus des Namensgebers – muss ich nicht aufrollen. Wo bleibt da der Aufschrei?
Ich selbst spiele Wu Kong. Ich habe FÜR MICH entschieden, es zumindest nicht zu streamen wegen der Kontroverse. Aber ich werde NIE eine streamende Person deswegen angreifen, weil diese ein kontroverses Spiel im Stream spielt. Ich werde ggf. die besagten Streams selbst nicht schauen, aber nie andere dazu auffordern, es mir gleich zu tun. Ich habe FÜR MICH entschieden, keine Spiele russischer Devs zu kaufen, weil ich den russischen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine nicht finanzieren will – aber ich werde keine streamende Person haten, wenn diese dennoch russische Spiele kauft.
Zudem schneidet ihr euch damit letztlich ins eigene Fleisch: Denn oftmals sorgt militantes „In-Die-Ecke-Stellen“ von Leuten zu Trotz-Reaktionen. Um Fleisch als Beispiel zu nutzen: Wie oft kaufen Fleisch-Esser*innen aus „Trotz“ Fleisch, nachdem sie von einer/einem militanten Veganer*in belehrt und in eine Ecke gestellt wurden? Ich bin ehrlich: Ich habe auch einmal so reagiert, als man mir an den Kopf warf, ich wäre „nicht links“ (also somit „rechts“), weil ich nicht vegan lebe. Das selbe passiert letztlich auch im Gaming. Wie viele Leute werden wohl aus „Trotz“ Hogwarts: Legacy gekauft haben, nachdem alle Käufer*innen von den Gatekeepern als transfeindlich und rechts betitelt wurden?
Dieses Gatekeeping von moralischen Werten muss aufhören. Bitte, liebe Leute, hört auf, EURE Boykotte anderen aufzuzwingen. Euer moralischer Kompass ist nicht perfekt. Tut nicht so, als wäre dem der Fall.
Cheers,
Beriel