Bluesky. Einst ein Hoffnungsträger für eine Alternative zum inzwischen durch Elon komplett ruinierten Twitter, ist die Plattform nun selbst dran, den Bach runter zu gehen. Warum? Das erkläre ich hier.
Seit seinem Zenit im Herbst 2024 geht die Aktivität auf BlueSky stark zurück. Die täglichen Beiträge sind im Juni 2025 auf etwa 670.000 runtergesunken (von über einer Mio.)
Von 36 Mio. registrierten Accounts sind nur noch etwa 13 Mio. regelmäßig aktiv. Und das hat gute Gründe.
BlueSky verliert zunehmend an Attraktivität. Doch während das bei Twitter zumindest teilweise auf den Inhaber Elon Musk zurückführbar ist, ist es bei BlueSky größtenteils die community selbst, welche das Netzwerk verdirbt. Auf kaum einer anderen Plattform (außer vielleicht Mastodon) ist das Echokammer-Phänomen so stark ausgeprägt, wie auf BlueSky. BlueSky ist nicht nur stark linkslastig, jedwede Meinung, die als nicht links genug erachtet wird, wird blitzschnell ausgegrenzt. Eine Diskussion scheint auf BlueSky fast unmöglich geworden.
Framing durch die Blocklisten
Insbesondere die Thematik der Blocklisten und Labels zeigt die Probleme besonders deutlich auf. Auf BlueSky können Nutzer selbst Moderationslisten erstellen, in welche sie dann Accounts aufnehmen können. Andere User können dann über einen Klick die Listen abonnieren und dadurch mit nur einem Klick ALLE User auf der Liste blockieren.
Das Problem hierbei: Jeder User kann seine Listen selbst benennen und beschreiben. Und so können durch Listennamen und die Beschreibung User geframed werden.
Beispiel:
User A erstellt eine Blockliste Neonazis und beschreibt diese mit Neonazistische Accounts. Er packt dann User B auf die Liste. User C bis User Z haben die Liste abonniert. Und nun ist User B bei den Usern C-Z blockiert und kann mit diesen nicht mehr interagieren. Dabei ist User B überhaupt kein Neonazi. Er hat nur etwas gepostet, was User A nicht gefallen hat. Und nun ist er bei tausenden von Leuten blockiert, weil User A ein sog. Großaccount ist und tausende seine Liste(n) abonniert haben, weil sie User A trauen.
Und so dominieren tatsächlich einige Großaccounts mit deren Blocklisten auf BlueSky und bestimmen den Ton und die Themen. Denn durch ihre Größe und Reichweite können sie ihnen unliebsame User direkt über ihre Listen in deren Reichweite einschränken. Wer auf den Listen dieser Accounts landet, ist direkt bei einem großen Teil der User blockiert und wird somit deutlich schwerer Anschluss finden. Und da BlueSky die Moderationslisten leider nur sehr mangelhaft kontrolliert, hat sich ein regelrechter Kult gebildet: Die großen Accounts framen ganz gezielt und bewusst unliebsame Accounts falsch. Gleichwohl reagieren diese Accounts auch selbst sehr gerne mit Empörung und wütenden Posts, wenn sie selbst blockiert oder gelistet werden.
Selbst ich bin auf Blocklisten gelandet, die mich als Faschist, queerfeindlich und anderes framen.
Was kann man als User dagegen tun, auf einer solchen Liste zu landen? Nichts. Auf Twitter gab es auch Userlisten, dort waren diese aber 1. keine Blocklisten, sondern eine Art eigener Feeds. 2. Konnte man selbst jederzeit einen Ersteller einer solchen Liste blockieren, um von einer unerwünschten Liste runter zu kommen. Auf BlueSky bringt das nichts; Selbst wenn du den Listenersteller blockierst, bleibst du bei allen Usern blockiert, welche die Liste abonniert haben.
Die sogenannten Labels, die von der BlueSky-Moderation aber auch von bestimmten Usern kommen können, sind auch nicht besser. Damit wird quasi im Profil des gelabelten Users eine Warnung vor bestimmter Art von Content angezeigt. Etwa rude bei Accounts, die gerne mal im Ton patziger sind. Oder auch etwas wie queerfeindlich. Und dass die Labels auch fehlerhaft sein können, zeigt sich im Beispiel eines Accounts, dem ich folge, der absolut supportive ggüber queeren Menschen ist – und dennoch wurde er gelabelt.
Neben dem bewussten Framing durch die besagten Accounts gibt es oft aber auch unbewusst falsches Framing – denn die User auf BlueSky verstehen inzwischen z.B. Sarkasmus und Satire kaum noch. Ein humorvoller, satirischer Skeet (so nennt man Posts auf BlueSky) wird sofort von allen auf mögliche Kritikpunkte analysiert und wenn auch nur der kleinste, vermeintliche, Fehltritt erkannt wird, ist man schnell wieder auf einer Liste von irgendjemandem. Dadurch ist die generelle Atmosphäre auf BlueSky angespannt und erschwert die lockere Nutzung der Plattform.
Öffentliche Blockliste
Durch das verwendete Protokoll von BlueSky sind einige Inhalte deutlich offener gestaltet, als bei etwa Twitter. Blockiere ich einen User auf Twitter oder Threads, dann sehe nur ich selbst das, bzw. die blockierte Person merkt es dann, wenn sie selbst versucht, Inhalte von mir zu sehen. Aber niemand außer einem selbst hat Einsicht darauf, wie viele und welche Accounts ich insgesamt blockiert habe. Das ist auf BlueSky anders. Das geht zwar nicht direkt über die Seite selbst, aber über die API ist die Blockliste extern abrufbar. Es gibt Seiten wie clearsky und sogar Apps für das Smartphone, die dann die Daten auslesen. Auf Clearsky gibt man einfach nur den Usernamen eines Accounts ein und kann direkt sehen:
- Wen der Account blockiert
- Wer den Account blockiert
- Auf welchen Listen der Account sich befindet
Diese Funktionalität hat dazu geführt, dass einige Accounts – besonders Trolle – regelrecht Wettbewerbe veranstaltet haben, wer die meisten Einträge in Blocklisten und die meisten Blocks einsammelt durch provokante Posts.
Und die Funktion sorgt auch regelmäßig für verletzte Egos und Empörung. Denn es gibt auch Bot-Accounts auf Bluesky, welche Blockierungen und Listeneinträge tracken – durch einen Follow bei dem Account wird man dann per privater Nachricht informiert, sobald ein User einen blockiert oder auf eine Blockliste setzt. Ich selbst nutze diesen Bot auch gerne, aber nur für den Gegenblock. Warum ich gegenblocke? Weil es User gibt, die gerne andere blocken, dann aber kurzzeitig entblocken, um Screenshots von Posts zu machen, dann wieder blocken und dann munter hetzerische Posts mithilfe der Screenshots posten, sodass der blockierte User das nicht mitbekommt. Um diesen Leuten das zumindest zu erschweren, blocke ich grundsätzlich gegen.
Andere Leute jedoch nehmen das sehr persönlich. Sie blocken nicht nur gegen, sie posten sogleich – teilweise mehrere – empörte Skeets, packen den blockierenden User auf Framing-Listen und rufen die eigenen Follower auf, ebenfalls den anderen Account zu blocken. Das habe ich selbst auch schon oft genug erlebt und selbst getestet.
Mein „Blockenheimer“-Gate
Es gibt eine Seite namens Blockenheimer für BlueSky. Mit dieser kann man über einen Klick alle Follower eines Accounts auf eine Liste setzen und/oder blocken. Oder man gibt die URL zu einzelnen Skeets ein und kann dann alle Reposter und Liker blocken. Ich betrachte diese Seite durchaus kritisch, weil sie den besagten Echokammer-Effekt verstärkt und zudem werden damit unweigerlich User blockiert, mit denen man nichts zu tun hatte/hat und die nichts dafür können. Aber für einen kleinen Test habe ich die Seite gestern einfach mal angewandt und gezielt die Follower von ein paar Accounts blockiert. Nachdem ich nämlich ein paar Großaccounts vorsorglich blockiert habe, die mir negativ aufgefallen waren, haben diese sogleich ihre Follower über Posts auf mich gehetzt und ich wurde auf Framing-Listen gepackt.
Ich habe nun per Blockenheimer jene Accounts genommen, die mich auf Listen gesetzt haben und deren Follower pauschal blockiert.
Was dann folgte, kann man mit einem Ameisenhaufen vergleichen, in welchen man mit einem Stock gestochen hat.
Binnen der letzten 24h bin ich unzählige Male blockiert worden – meistens als Gegenblock – und auf weitere Framing-Listen gesetzt worden. Außerdem wurden mehrere empörte Skeets über mich abgesetzt, es gibt sogar eine Datenanalyse über mich, wo ein User über Clearsky ausgewertet hat, wie viele und welche Accounts ich innerhalb von 11h blockiert habe 🤣
Ich habe das Ganze beobachtet – eher belustigt, als verärgert. Es war für mich ein reines Experiment – und dieses war sehr erfolgreich. Denn es zeigt wunderbar das Hauptproblem von BlueSky: Das verletzliche Ego von sogenannten Groß-Accounts, insbesondere jener, die sich selbst als die ultimativen Linken sehen und den erhobenen Framing-Listen-Finger gegen alle richten, deren Ansichten nicht zu mindestens 150% mit den eigenen übereinstimmen.
Und ja, es sind tatsächlich einfach nur verletzte Egos. Denn halten wir fest: Das alles fing an, nachdem ich 4 User blockiert habe. Nur blockiert. Ich habe keine Listen erstellt, keine Accounts als Blockempfehlung gepostet – nur still FÜR MICH SELBST blockiert. Und dann noch bei einem anderen User, der gerade irgendeinen Beef mit den Accounts hat (wohl, weil er auch von ihnen per Liste geframet wurde), kommentiert. Auch da habe ich niemanden erwähnt oder aktiv benannt. Und dennoch bekam ich Listen-Framings und Posts über mich zurück. Und als ich dann mehr Blocks austeilte, reagierten diese Leute mit immer mehr Empörung, als hätte ich einem von ihnen den Lutscher geklaut.
Fazit
Für mich ist BlueSky inzwischen fast genauso unangenehm geworden, wie Twitter. Ich habe die Plattform anfangs wirklich gefeiert. Gerade, weil am Anfang die Blocklisten wirklich sorgsam gepflegt wurden und man damit Nazis und Trolle perfekt ferngehalten hat. Aber als es dann losging mit dem Framing, wurde es zunehmend ekliger. Die User brauchen offenbar einen Feind – und wenn sie keine Nazis und Trolle mehr zum Blocken haben, gehen sie eben auf die eigene Bubble los und suchen dort nach vermeintlich Bösen. Nun sind es Nicht-Veganer*innen, Menschen, die keine Alt-Texte bei Bildern setzen und Leute, die keine Katzen mögen, die dann per Liste den Hass abbekommen.
Für mich steht fest: BlueSky wird den Bach runtergehen, wenn dieses Klima nicht endlich angegangen und geändert wird. Die Funktion der Blocklisten muss reguliert und kontrolliert werden. Es muss seitens der Betreiber genauer geschaut werden, wer welche Listen betreibt und Missbrauch der Funktion sanktioniert werden. Sonst sehe ich schwarz für BlueSky.
Euer
Beriel
Epilog
Hier folgt nun eine kleine Liste aller User, die mich über Framing-Listen framen oder auch nur darüber provozieren wollen:
- bbandos.bsky.social
- lamettaregen.bsky.social
- fotovorschlag.de
- r0llinger.bsky.social
- rumhirschen.bsky.social
- kratze.bsky.social
- sascha-kersken.de
- tofukiller.bsky.social
- gueldenloewe.bsky.social
- grundsaetzlich.bsky.social
- queerbildung.social
- skreee.bsky.social
- westlandsretter.bsky.social
- zhl.sh
- manuelass.bsky.social
- pflanzenkraft.bsky.social
- fatseanlives.bsky.social
- blackseptember.bsky.social